Entwicklung einer allgemeingültigen Systemidentifikation für baudynamisches Monitoring
Ansprechpartner: S. Klinkel, R. Lins
Viele alltägliche Situationen, wie Bahn- oder Straßenverkehr, Baustellen, Glockengeläut, Wind oder auch maschineninduzierte Schwingungen und außergewöhnliche Einwirkungen infolge von Erdbeben führen bei Bauwerken zu dynamischen Einwirkungen. Je nach Intensität und Häufigkeit können diese dynamischen Einwirkungen zu erheblichen Schäden und Nutzungseinschränkungen an Bauwerken führen.
Dieses Problem verstärkt sich zudem durch architektonisch schlankere und komplexere moderne Bauweisen, einen alternden Bauwerksbestand und wachsende Anforderungen durch hochsensible Produktionstechnik im industriellen Bereich. Stärkere Einwirkungen z.B. durch die Verkehrsinfrastruktur oder klimatisch bedingte Sturmereignisse machen Erschütterungsmessungen bzw. Erschütterungsprognosen daher für eine stetig wachsende Anzahl an Gebäuden notwendig. Allein in Deutschland finden sich über 80.000 Bauwerke (Brücken, Industriehallen, Türme, Produktionsanlagen etc.), die eine regelmäßige dynamische Belastung erfahren und eine bauwerksbedingte Anfälligkeit für dynamische Belastungen haben.
Werden baudynamische Untersuchungen durchgeführt, finden diese bislang in der Regel nur situationsbezogen statt und meist auch erst dann, wenn ein Schaden bereits eingetreten oder die Nutzung eingeschränkt ist. Diese Untersuchungen stellen Kurzzeitmessungen dar, welche durch hoch spezialisierte Fachkräfte durchgeführt werden. Diese Untersuchungen stellen jedoch nur einen winzigen Ausschnitt in der Lebensdauer eines Bauwerks (50-100 Jahre) dar und werden in aller Regel ausgewertet und in einem Bericht zusammengefasst.
Das Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines digitalen Verfahrens zur kontinuierlichen baudynamischen Überwachung von Bauwerken im Bestand und von Neubauten durch die Kopplung von Sensorsystemen und einer Zustandserfassung mit BIM. Erstmals soll damit eine kontinuierliche Überwachung ermöglicht werden, die den dynamischen Bauwerkszustand über einen langen Zeitraum automatisiert erfasst. Mittels spezieller Algorithmen sollen baudynamische Zustände (z. B. Erschütterungen oder Schwingungen) basierend auf den Messdaten echtzeitnah simuliert werden. Durch die echtzeitnahe, kontinuierliche Auswertung können Änderungen in der Bauwerksstruktur durch dynamische Einwirkungen erstmals direkt erkannt werden, um frühzeitig gezielte Sanierungsmaßnahmen durchzuführen.
Die Datenauswertung soll so automatisiert werden, dass zum einen eine kontinuierliche Dokumentation des Bauwerkszustands durch Kopplung mit BIM und zum anderen ein Informationsfluss zur Zustandsbewertung an die Stakeholder (z.B. Eigentümer, Bauwerksmanagement, Sanierer) erfolgen kann. Die besondere Herausforderung in dem Projekt besteht darin, simulationsbasiert die Anzahl der Sensoren in einem Bauwerk zu minimieren und gleichzeitig die damit erzeugte Datenausbeute zu maximieren. Der innovative Kern des Projekts besteht in der Entwicklung einer allgemeingültigen Systemidentifikation zur Bestimmung der idealen Sensorposition in beliebigen Bauwerksstrukturen. Mit möglichst wenigen Sensoren soll das dynamische Verhalten eines gesamten Bauwerks erfasst werden – in Nahezu-Echtzeit.